Freie Bahn für GenerationenStadtleben

Bahnhof Mehrgnerationenhaus Foto: Nicole Bernfeld

„Was lange währt, wird endlich gut!“ – so heißt es im Volksmund, und dies trifft auch auf die Eröffnung des Mehrgenerationenhauses in Zarrentin am Schaalsee zu.

Eroeffnungsfeier des Mehrgenerationenhauses Foto: Nicole Bernfeld

Am 06.06.2025 durften geladene Gäste das frisch renovierte, betagte Gemäuer zur feierlichen Eröffnung betreten und staunen, welche Perle Zarrentin am Schaalsee da erhalten geblieben ist. Die Band „Hirschpark-Trio“ entführte die Gäste mit altbekannten Melodien auf Kontrabass, Akkordeon und Gitarre in eine stilvolle kleine Zeitreise, die der Bürgermeister bei seiner Eröffnungsrede mit Schilderungen zu historischen Ereignissen in und an diesen historischen Mauern unterstrich, um die historische Bedeutung dieses Kraftaktes zu untermauern.

Angefangen hat alles nicht erst gestern, sondern mit einer Idee, gezündet vor über 130 Jahren. So war es auch auf der vom Heimatmuseum bereitgestellten Tafel und vorher in der Stadtchronik zu lesen.

Es begann mit der Reiselust des Kaisers Wilhelm II. Sein Wunsch, schnell seine Reiseziele zu erreichen, veranlasste ihn zum Streckenausbau der „Kaiserbahn“. Auch die Beamten von einst waren nicht fehlerfrei. Die Pläne für den Bahnhofsbau von Zarrentin wurden laut der Stadt-Chronik mit denen von Hollenbek vertauscht, rückblickend betrachtet zum Glück von Zarrentin, denn das hier erbaute Bahnhofsgebäude passt perfekt hierher. Im wilhelminischen Stil mit rotem Backstein erbaut, zeigt es eine klare Kante und hat eben seinen ganz eigenen Charme.

Der Kaiser höchstpersönlich eröffnete die Streckenführung zwischen Zarrentin und Berkenthin. Mit dem Anschluss an die Eisenbahnlinie am 01.05.1896 eröffneten sich für Zarrentin ungeahnte Möglichkeiten. Der Dornröschenschlaf wurde damit erstmal unterbrochen.

In den vergangenen Zeiten war es auf dem Bahnhof mal mehr oder weniger gefährlich. Kommentare zur falschen Zeit am falschen Ort zur falschen Person riefen Denunzianten auf den Plan, schwere Schicksale nahmen ihren Lauf.

Ebenso erzählt die Stadtchronik auch von beherzten, mutigen Menschen in öffentlichen Ämtern, die den Einwohnern von Zarrentin beistanden. Das zeigt, wie wichtig nicht nur Rede- und Meinungsfreiheit ist, sondern auch Zivilcourage und Menschen in öffentlichen Positionen, die menschlich handeln.

So geschehen hier in Zarrentin.

Kurz vor Kriegsende - am 02.05.1945 - kam es auch hier am Bahnhof zu einer weiteren Tragödie. Die Kanadier bezogen am Bahnhof Stellung. Durch gefährliche Tiefflieger waren die Zarrentiner stark eingeschüchtert. Dramatische Szenen in den Straßen aufgrund der Kollision von Kapitulationsbemühungen der Einwohner Zarrentins mit dem Widerstand der National-Sozialisten nahmen ihren Lauf. Die kampflose Übergabe der Stadt sollte im Auftrag des Bürgermeisters der Wachtmeister im Bahnhof anbieten. Nachmittags fielen Schüsse aus Richtung Bahnhof, die Folge war eine Schussverletzung eines amerikanischen Soldaten. Die Durchsuchung der Anwohner und die Abriegelung des gesamten Bahnhofsgeländes waren die Folge. Alle Männer wurden aus dem Bahnhof getrieben und erschossen.  Auch das Bahnhofsgebäude soll noch heute Spuren dieser Eskalation aufzeigen. Die Bilanz des Massakers aufgrund eines einzelnen geistigen Kurzschlusses lautete, dass hier in Zarrentin 15 Tote zu Grabe getragen werden mussten.

Und so wurde der Bahnhof dann für lange Zeit zur Endstation aufgrund von Tieffliegern zerbombter Streckenteile. Das Kriegsende und die Aufteilung in Besatzungszonen schickten Zarrentin hinter Schloss und Riegel im Rahmen eines Sperrgebiets, welches in einen abgeschotteten und behüteten Dornröschenschlaf fiel.

1989 zeigte die Deutsche Bahn AG kein Interesse an einem Lückenschluss mit der früheren Strecke über Hollenbek aufgrund explodierender Kosten. Die Schlusslichter des letzten planmäßigen Personenzugs verschwanden am 22.02.1992 langsam aus dem Sichtfeld, als der Zug den Zarrentiner Bahnhof seinem Schicksal als Sackbahnhof überließ.

2017 kaufte die Stadt Zarrentin am Schaalsee das Bahnhofsgebäude vom Planungsverband. So wurde es vor Verwahrlosung, Leerstand, Vandalismus und ggf. Abriss durch andere Kaufinteressenten bewahrt.

Die Umbaumaßnahmen erfolgten mithilfe der Förderungen aus Mitteln des „Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums“ in Höhe von 2,6 Mio. €, die die Gesamtkosten in Höhe von 3,3 Mio. € für die Stadt abmildern konnten. Dafür sei Herrn Dr. Till Backhaus für seinen Einsatz für den Erhalt des alten Bahnhofgebäudes von ganzem Herzen gedankt.

Wertschätzung zeigt sich eben auch in Werte schätzen und schützen und dies ist nur möglich, wenn Verbindungen hierzu geknüpft werden. Während eines Gesprächs mit den Bauleuten vor Ort war von einem Elektriker in den Katakomben des Bahnhofes zu hören, wie wertvoll die Erhaltung solch ehrwürdiger Bauten ist. Nicht zuletzt um zukünftigen Generationen die Baukunst vergangener Zeiten vor Augen zu führen, sondern auch, um zu zeigen, was wahrhaft schützenswert und nachhaltig ist. Rückblickend ist der Bürgermeister der Stadtvertretung von damals bis heute von Herzen dankbar, dass sie diesen Weg von der Kaufentscheidung über den Umbau bis zu seiner zukünftigen Bestimmung mit ihm geht. 

Dieses Gebäude wird zukünftig mehreren Generationen Raum für Zusammenkünfte geben können und dafür sei allen direkt und indirekt Mitwirkenden ein großes Dankeschön ausgesprochen.

Besonders bedanken möchten wir uns im Namen der Stadt Zarrentin am Schaalsee bei der Firma JYSK, persönlich bei Herrn Mumme, Frau Böpple und Frau Mett für die werthaltige Möbelausstattung inclusive Dekorationsartikel und für das originelle Catering.

Frau Brockmöller vom Aus- und Weiterbildungswerk Jessenitz e.V.  gebührt unser von ganzem Herzen kommender Dank für ihre allseits tatkräftige Unterstützung.

Wir wünschen dem zukünftigen Mehrgenerationenhaus verantwortungsbewusste Nutzer, die sich einen pfleglichen Umgang mit Stadteigentum auf die Fahne geschrieben haben und viele glückliche und konstruktive Gesellschaften, die dort zusammenfinden werden. Gleichwohl wünschen wir dem Ort genau das, was wir einem wunderbaren Kartengruß zur Eröffnung entnehmen durften, dass es ein

Ort der Begegnung,
Ort des Miteinanders,
Ort des Füreinanders,
Ort des gemeinsamen Lernens,
Ort der Unterstützung untereinander und
Ort des gemeinsamen Wachstums

sein wird.

Mögen die guten Wünsche vollumfänglich – wie auf Schiene - in Erfüllung gehen.

Stadt Zarrentin am Schaalsee
Der Bürgermeister

 

Fotos: Nicole Bernfeld

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